Freitag, 3. August 2012

2.12. Die vaterlose Zivilisation

von Fjordman
Die amerikanische Kolumnistin Diana West veröffentlichte kürzlich ihr Buch "The Death of the Grown-up", in welchem sie den Rückgang der westlichen Zivilisation auf die permanenten Rebellionen der Jugend der letzten zwei Generationen zurückführt. Das Jahrzehnt zwischen den frühen 60er und 70er Jahren stellt durch den Beginn der nichtwestlichen Massenimmigration in den USA, der Geburt Eurabiens in Westeuropa und den Aufstieg von Multikulturalismus und Radikalfeminismus ganz klar einen Wendepunkt in der westlichen Geschichte dar.

Das Paradoxe daran ist, dass die Menschen, die gehässig ihre eigene Zivilisation attackierten, über Jahrzehnte hinweg ein ununterbrochenes Wirtschaftswachstum genossen haben und dennoch marxistisch inspirierte Ideologien annahmen und beschlossen, genau die Gesellschaft zu untergraben, die ihnen ihr privilegiertes Leben ermöglicht hatte. Vielleicht ist das gar nicht so befremdlich wie es scheint. Karl Marx selbst wurde vom Vermögen Friedrich Engels', dem Sohn eines erfolgreichen Industriellen, unterstützt.

Das war auch das Zeitalter der Entkolonialisierung in Westeuropa und der Aufhebung der Rassentrennung in den USA, was eine Atmosphäre schuf, in welcher die westliche Zivilisation als böse angesehen wurde. Was auch immer die Ursache war, wir stecken seither in einem Muster der ewigen Opposition gegen unsere eigene Zivilisation fest. Einige dieser Probleme mögen durchaus ältere Wurzeln haben, aber sie wurden in einem vorher nie da gewesenen Ausmaß während der 60er Jahre institutionalisiert.

Laut Diana West ist die übergreifende These ihres Buches die, dass "der bis dahin beispiellose Transfer kultureller Autorität von Erwachsenen an Jugendliche während des letzten halben Jahrhunderts fatale Auswirkungen auf das Überleben der westlichen Welt hat." Nachdem wir unsere natürliche Entwicklung vom Erwachsenenalter und der Reife weggeleitet haben, um die von der Pupulärkultur beeinflusste Pose ewig cooler Jugendlichkeit einzunehmen – stets offen, nicht wertend, egozentrisch, auf der Suche nach (oder einfach in Ermangelung an) der eigenen Identität  –  haben wir eine Gesellschaft großgezogen, die von denselben Charakterzügen geprägt ist: Westliche Leute leben in einem Zustand des immerwährenden Heranwachsens, aber auch mit der dazugehörigen permanenten Identitätskrise. West vertritt die Ansicht, dass Reife in den rebellischen 60ern, im "größten Trotzanfall der Weltgeschichte", in dem Autoritätsfiguren aller Art verspottet wurden, aus der Mode kam.

Sie denkt auch, dass sich die Wurzeln des westlichen Jugendkultes, obwohl der radikalste Bruch in den 60er und 70er Jahren stattfand, bereits in den 50ern mit der Geburt des Rock'n'Roll, mit Elvis Presley und Schauspielern wie James Dean, finden lassen. Die Beatles verkörperten das in den frühen 60ern, wandelten sich aber radikal in Richtung Drogen und Ablehnung etablierter Lebensweisheiten, als sie auf 1970 zugingen; ein Wandel, der sich in der gesamten Kultur wiederspiegelte.

Einer meiner persönlichen Lieblingsfilme aus den 80ern war "Zurück in die Zukunft". In einer der Szenen reist Schauspieler Michael J. Fox in der Zeit von 1985 nach 1955 zurück. Bevor er 1985 verlässt, hört er den Slogan "Wählt Bürgermeister .... wieder, Fortschritt ist sein zweiter Vorname". Der selbe Slogan wiederholt sich 1955, nur mit einem anderen Namen. Politik ist in jedem Zeitalter Politik. Die Drehbuchautoren Robert Zemeckis und Bob Gale haben geäußert, dass sie das Jahr 1955 als Schauplatz des Films wählten, da es die Geburtsstunde der Teenie-Kultur war:  Damals begann der Teenager zu herrschen und er herrscht bis heute noch.

Wie West erklärt, hat sich in den Jahrzehnten des Wirtschaftsaufschwungs in der Nachkriegszeit vieles geändert: "Wenn man über die Nachkriegszeit spricht, dann ist der gewaltige neue Überfluss an Wohlstand ein wichtiger Faktor bei der Neuorientierung der Kultur nach den Wünschen der Jugend. Man erkennt eine Verschiebung der Autorität in Richtung der Heranwachsenden. Anstatt dass Jugendliche Jobs annahmen, um sich an den Haushaltskosten zu beteiligen, floss das Taschengeld plötzlich in den Aufbau einer gewaltigen neuen Kultur. Diese ließ dem Alter des Heranwachsens eine so große Bedeutung zukommen wie nie zuvor." Nach diesen Generationen der Verherrlichung der Jugend, haben Erwachsene kaum Selbstvertrauen mehr übrig: "Jugendliche planen teure Reisen, gehen ohne Begleitung aus, sie trinken, geben sich Ausschweifungen hin, laufen regelrecht Amok, und dennoch sagen die Eltern, dass sie nichts dagegen tun können. Eltern haben sich der Verantwortung entzogen, um den  Begierden der Heranwachsenden nachzugeben."

Sie glaubt, dass der heutige Stand der Frauen stark vom "Tod der Erwachsenen" beeinflusst ist. "Ich würde sagen, dass die sexualisierte Frau Teil des Phänomens ist, über das ich spreche, deshalb glaube ich nicht, dass sie gegenüber diesem Tod immun ist. Frauen eifern immer noch der jugendlichen Mode nach. Wo Sex verfügbarer ist, sind nicht mehr die selben Anreize vorhanden, ein Eheleben aufzubauen, was einst eine große Motivation zum Reifeprozess war. "

Hat sie Recht? Sind wir zu einer Zivilisation von Peter Pans verkommen, die sich weigern, erwachsen zu werden? Wurden wir von unserer Vergangenheit abgeschnitten, indem wir alles Alte als überholt verunglimpft haben? Ich weiß, dass der Blogger Conservative Swede, der Friedrich Nietzsche schätzt, denkt, dass wir an einer "Sklavenmoral" leiden, aber ich frage mich manchmal, ob wir nicht vielleicht eher an einer "Kindermoral" leiden. Es sind hier jedoch auch andere Kräfte wirksam.

Der Sozialstaat ermutigt eine Infantilisierung der Gesellschaft, wo die Menschen in die Kindheit zurückkehren, indem sie von anderen versorgt werden. Das schafft eine Kultur, die nicht nur von der Jugend besessen ist, sondern auch von der für Heranwachsende typischen Verantwortungslosigkeit. Viele Leute leben in einem permanenten Zustand der Rebellion, nicht nur gegen ihre Eltern, sondern auch gegen ihre Nation, ihre Kultur und ihre Zivilisation.

Der Autor Theodore Dalrymple ist der Ansicht, dass eine Ursache für die Epidemie der Selbstzerstörung in westlichen Gesellschaften in der Flucht vor der Langeweile liegt. "Für Menschen, die keinen transzendenten Sinn in ihrem Leben sehen und sich auch keinen schaffen können, indem sie (zum Beispiel) zu einer kulturellen Tradition beitragen, in anderen Worten,  für die, die weder religiösen Glauben noch intellektuelle Interessen pflegen, die sie stimulieren, sind Selbstzerstörung und Schaffung von Lebenskrisen Wege, der Bedeutungslosigkeit zu entkommen."

Ihm zufolge ist das, mit dem wir heute konfrontiert sind "eine Gesellschaft, in der die Menschen fordern, sich mehr oder weniger benehmen zu dürfen, wie sie wollen;  das heißt launenhaft in Übereinstimmung mit ihren, sich kaleidoskopartig verändernden Bedürfnissen, aber gleichzeitig vor den Konsequenzen ihres eigenen Handelns durch Staatsbehörden beschützt zu werden. Das Resultat ist eine Kombination aus Sodom und Gomorrah und einer ausgedehnten und unpersönlichen Wohlfahrtsbürokratie."

Der Sozialstaat beraubt  einem der Möglichkeit, aus eigener Arbeit Selbstachtung zu erlangen. Das kann die Selbstachtung eines Menschen verletzen, und zwar bei Männern mehr als bei Frauen, weil die maskuline Identität eng mit der Versorger-Tätigkeit verbunden ist.  Derer beraubt schwindet das männliche Selbstbewusstsein und die Gesellschafft mit ihm. Dalrymple sorgt sich auch um das Ende der Vaterschaft und glaubt, dass die schlimmsten Kindesmisshandler Regierungen sind, die genau die Umstände fördern, die Kindesmisshandlung und -vernachlässigung am wahrscheinlichsten machen: "Wer das Alleinerziehen fördert, ist gleichgültig gegenüber dem Schicksal von Kindern." Vaterschaft ist, ausgenommen im rein biologischen Sinne, fast nicht mehr existent:

"Ich habe in einem Krankenhaus gearbeitet, in dem sich, wenn es nicht die Kinder indischer Einwanderer gegeben hätte, die Rate der unehelichen Kinder der Hundertprozent-Marke näherte. Es galt schon fast als taktlos, einen jungen Menschen nach seinem oder ihrem Vater zu fragen;  für mich war es immer noch verblüffend, gefragt zu werden: "Meinen Sie, wer zur Zeit mein Vater ist?", als ob sich das jederzeit ändern könne und sich auch zuvor schon tatsächlich mehrmals geändert hatte."

Das liegt daran, "dass Frauen einfach nur aus dem Grund Kinder haben soll, weil sie welche haben wollen und das ihr von der Regierung gegebenes Recht ist, ungeachtet dessen, ob sie in der Lage sind sie aufzuziehen oder wer für sie zahlt, und unabhängig von den Konsequenzen, die die Kinder selbst davon tragen müssen. Männer sollen permanent infantilisiert bleiben, ihr Einkommen lediglich ein Taschengeld darstellen, das sie für ihr eigenes Vergnügen ausgeben, und sie sollen keine ernsten Verantwortungen tragen, die über das Zahlen ihrer Steuern hinausgehen. Von nun an wird der Staat der Vater des Kindes sein und der Vater das Kind des Staates."

Der schwedische Autor Per Bylund erklärt: "Die meisten von uns wurden überhaupt nicht von ihren Eltern großgezogen. Aufgezogen wurden wir vom Kleinkindalter an von den Autoritäten in staatlichen Kinderkrippen, dann wurden wir in öffentliche Grundschulen abgeschoben, dann in höhere Schulen und danach in staatliche Universitäten; und später in die Anstellung im öffentlichen Dienst und in noch mehr Erziehung durch die mächtigen Gewerkschaften und deren angeschlossenen Bildungseinrichtungen. Der Staat ist allgegenwärtig und für viele das einzige Mittel, zu überleben – und seine sozialen Wohltaten die einzige Möglichkeit, an Unabhängigkeit zu gewinnen."

Obwohl Schweden wohl einen Extremfall darstellt, bemerkt auch die britische Autorin Melanie Phillips einen ähnlichen Trend: "Unsere Kultur ist gerade tief auf unentdeckten Neuland vergraben. Generationen der familiären Zerfallserscheinungen lösen nun  wiederum die Grundlagen des zivilisierten menschlichen Verhaltens auf. Engagierte Väter sind ausschlaggebend für die emotionale Entwicklung ihrer Kinder. Als Folge der unabsehbaren Verantwortungslosigkeit unserer Eliten, wurden Väter in den letzten drei Jahrzehnten jedoch immer mehr als überflüssig und entbehrlich betrachtet. Alleinerziehend zu sein hörte auf, eine Schande zu sein und wurde stattdessen zu einem unabdingbaren Recht der Frauen. Der Staat hat Frauen mehr und mehr Anreize geboten – durch Kindergeld, Sozialwohnungen und andere Sozialleistungen – Kinder auch ohne engagierte Väter zu bekommen. Das brachte Generationen von rein weiblichen Haushalten hervor, in denen emotional bedürftige Mädchen so oft zu hoffnungslos unzureichenden Müttern werden, die ihre eigenen Kinder misshandeln und vernachlässigen – die dann wiederum dieses destruktive Muster aufrechterhalten. Kulturell gesehen ist das nichts anderes als Selbstmord.

Ich frage mich manchmal, ob der moderne Westen und  dabei besonders Westeuropa als die vaterlose Zivilisation bezeichnet werden sollte. Väter sind zu Karikaturen verkommen und es herrscht eine beachtliche Dämonisierung traditionell männlicher Werte. Jede Person, die versucht, Regeln und Autorität durchzusetzen, ein traditionell männliches Gebiet, wird als Faschist angesehen und lächerlich gemacht, angefangen bei Gott, dem Vater. Letztendlich stehen wir mit einer Gesellschaft schleierhafter Väter da, die zu jedem beliebigen Zeitpunkt nach Lust und Laune der Mütter ausgetauscht werden können. Sogar die Mütter sind weitgehend zurückgetreten und überlassen die Aufzucht der Kinder den Schulen, Kindergärten und dem Fernsehen. Was Mode und Lifestyle betrifft, imitieren Mütter ihre Töchter, nicht umgekehrt.

Das ausgefeilte Modell des Sozialstaates in Westeuropa wird oft als "Nannystaat" bezeichnet, aber vielleicht könnte man es auch "Ehemannstaat" nennen. Warum? Nun, in einer traditionellen Gesellschaft bestand die Rolle der Männer darin, ihre Frauen physisch zu beschützen und finanziell zu versorgen. In unserer modernen Gesellschaft wurden diese Aufgaben mittels einer Art "Outsourcing" an den Staat übertragen, was erklären würde, warum Frauen allgemein im überdurchschnittlichem Maße Parteien unterstützen, welche für hohe Besteuerung und Sozialleistungen eintreten. Laut dem Anthropologen Lionel Tiger hat sich die alte Mutter-Vater-Kind Einheit von der Monogamie in eine "Bürogamie" verwandelt;  Mutter-Kind-Bürokrat. Der Staat wurde zum Ersatzehemann. Tatsächlich ersetzt er nicht nur den Ehemann, sondern die ganze Kern- und Großfamilie, er zieht Kinder auf und kümmert sich um die ältere Generation.

Øystein Djupedal, Bildungs- und Forschungsminister der Sozialistischen Linkspartei und verantwortlich für die norwegische Bildung vom Kindergarten über weiterführende Schulen bis hin zum Doktortitel, hat gesagt: "Ich denke, dass es einfach eine falsche Sicht auf die Kindererziehung ist, anzunehmen, dass die Eltern am besten dafür geeignet sind. 'Kinder brauchen ein Dorf' sagte Hillary Clinton. Aber wir haben keines. Das Dorf unserer Zeit ist der Kindergarten." Später zog er diese Äußerung zurück und sagte, Eltern trügen die Hauptverantwortung für die Kindererziehung, aber räumte ein, dass "Kindergärten eine fantastische Einrichtung für Kinder sind und es gut ist, wenn Kinder diese besuchen, bevor sie in die Schule kommen."

Das Problem ist, dass manche seiner Kollegen den Kindergarten als Vorlage für die Gesellschaft als Ganzes ansehen, sogar für Erwachsene. Im Herbst 2007 äußerte Norwegens Mitte-Links-Partei eine deutliche Warnung an 140 Firmen, welche immer noch nicht die staatlich verordnete vierzig-prozentige Frauenquote erfüllt haben. Gleichstellungsministerin Karita Bekkemellem erläuterte, dass Unternehmen, denen es nicht gelingt dieser Forderung nachzukommen, sich auf Zwangsliquidationen gefasst machen müssen, und das trotz der Tatsache, dass viele davon in traditionell männlichen Branchen angesiedelt sind, wie etwa der Offshore-Ölförderung, Schifffahrt und Finanzwirtschaft. Sie bezeichnete das Gesetz als "historisch und radikal" und sagte, dass es durchgesetzt werde.

Bekkemellem bestraft somit die ungezogenen Kinder, die sich weigern zu tun, was Mutter Staat ihnen sagt, auch wenn diese Kinder zufällig Privatunternehmen sind. Der Staat ersetzt den Vater in dem Sinne, dass die finanzielle Versorgung sicherstellt, aber er agiert wie eine Mutter, die Risiken aus dem Weg räumt und die Gesellschaft in einen kuschligen, regulierten Kindergarten mit Eiscreme und Sprachregeln verwandelt.

Der Blogleser Tim W. ist der Meinung, dass Frauen dazu neigen, gegenüber dem anderen Geschlecht selbstsüchtiger zu sein als Männer: "Männer sorgen sich um Frauen und Kinder, während sich Frauen... nun, um sich selbst und Kinder sorgen. Ich sage nicht, dass individuelle Frauen sich nicht um ihre Ehemänner und Brüder sorgen, aber als Gruppe (oder Stimmenblock bei Wahlen) haben sie kein besonderes Interesse am Wohlergehen der Männer. Die Anliegen der Frauen stehen immer im Vordergrund, doch die der Männer nicht. Von jedem politischen Kandidaten wird erwartet, dass er die Belange der Frauen anspricht, doch ein Kandidat, der auch nur anmerken würde, dass auch Männer Anliegen haben, die es wert sind, angesprochen zu werden, würde geächtet und ausgeschlossen werden." Was wäre, wenn Männer im Durchschnitt fünf Jahre und acht Monate länger leben würden als Frauen? Nun, wenn das der Fall wäre, würde es wohl nie ein Ende haben: "Feministinnen und weibliche Kandidaten würden mit Buttons herumstolzieren, auf denen "Fünf Jahre und acht Monate" stünde, um sich und der Welt diese abscheuliche Ungerechtigkeit permanent ins Gedächtnis zu rufen. Dass das passieren würde – und das würde es mit Sicherheit – sagt etwas über die unterschiedliche Natur männlicher und weiblicher Wähler aus."

Bernard Chapin interviewte Dr. John Lott für das Frontpage Magazine. Lott erklärte dabei: "Ich glaube, dass Frauen allgemein weniger risikobereit sind als Männer und sie daher die Regierung als eine Versicherung gegen die Tücken des Lebens ansehen. Ich denke auch, dass geschiedene Frauen mit Kindern sich an die Regierung um Schutz wenden. Die Einführung des Frauenwahlrechts allein erklärt mindestens ein Drittel der Zunahme der Staatsquote über etwa 45 Jahre hinweg."

Er vertritt die Ansicht, dass "dies einen großen Teil der Zunahme der Staatsquote in den USA, aber auch im Rest der Welt während des letzten Jahrhunderts erklärt. Als die Staaten den Frauen das Wahlrecht einräumten, erhöhten sich die Staatsausgaben und das Steueraufkommen, die vorher unverändert geblieben waren, innerhalb von zehn Jahren auf mehr als das Doppelte, und zwar auch noch nachdem Inflation und Bevölkerungszahl berücksichtigt wurden. Als Frauen einen zunehmend ansteigenden Teil der Wählerschaft bildeten, wuchs die Regierung immer weiter.  Das hielt für 45 Jahre an, in denen ältere Frauen, die bei der Einführung des Frauenwahlrechts nicht daran gewöhnt waren, wählen zu gehen, nach und nach durch jüngere Frauen ersetzt wurden. Nachdem man zu den 60er Jahren kommt, wird die Zunahme der Staatsquote durch steigende Scheidungsraten vorangetrieben. Die Scheidung treibt Frauen mit Kindern dazu, sich viel mehr an Regierungsprogramme zu wenden." Die Legalisierung der Abtreibung führte auch zu mehr Familien mit nur einem Elternteil.

Diana West denkt, dass das, was wir mit der Gegenkultur der 60er erlebten, ein Einebnen von Hierarchien aller Art, sowohl des Lernens als auch der Autorität war. Daraus entsprang das Einebnen der Kultur und in Erweiterung dessen der Multikulturalismus. Sie bringt diesen Trend auch mit dem Nannystaat in Verbindung:

Bei der Betrachtung der starken Zusammenhänge zwischen dem zunehmend väterlich werdenden Nannystaat und dem "Tod der Erwachsenen", bemerkte ich, dass Tocqueville (natürlich) schon vor langer Zeit diesen Zusammenhang hergestellt hatte. Er versuchte, sich vorzustellen, unter welchen Umständen der Despotismus die USA erreichen könnte. Er kam dabei auf eine Vision einer Nation, die einerseits charakterisiert ist von einer 'unzählbaren Vielzahl von Menschen, ähnlich und gleich, die sich wie im Kreise um das Streben nach den kleinen und banalen Vergnügungen, mit denen sie ihre Seele übersättigen' und andererseits von der "immensen, beschützenden Macht des Staates". 'Banale Vergnügungen' und 'immense Staatsmacht' mögen sich damals, inmitten des 19. Jahrhunderts regelrecht nach Science Fiction angehört haben; aber zu Beginn des 21. Jahrhunderts fängt es an, sich nur allzu vertraut anzuhören. Tatsächlich schrieb er über den allmächtigen Staat: "Er würde der elterlichen Autorität ähneln, wenn er väterlich versuchen würde, seine Schützlinge auf das Leben eines Mannes vorzubereiten, aber gegensätzlich dazu auch versuchen würde, sie in ewiger Kindheit zu lassen.' Vielleicht zeigt das Ausmaß, in dem wir – und zwar Liberale und Konservative gleichermaßen – die elterliche Autorität unseres Staates hingenommen haben, in wie weit wir als Kultur Tocquevilles Stadium 'ewiger Kindheit' schon erreicht haben."

Dieses Problem ist in Westeuropa, einer Region die über ausgefeilteren Sozialstaaten als dem der USA verfügt und welche über Generationen hinweg unter dem Schutzschild des amerikanischen Militärs gelebt hat, was die Neigung, sich wie Heranwachsende zu benehmen noch weiter gefördert hat, sogar noch schlimmer.

Die Frage die Alexis de Tocqueville indirekt in den 1830er Jahren in seinem Werk "Democracy in America" aufgeworfen hat, ist folgende: Wenn Demokratie des universalen Wahlrechtes bedeutet, dass jedermanns Meinung genauso gut ist wie die jedes anderen, wird das dann nicht früher oder später zu einer Gesellschaft führen in der jedermanns Wahlen und Entscheidungen so gut ist wie die von jedem anderen, was zu Kulturrelativismus führt? Tocqueville schrieb zu einer Zeit, als nur Männer das Wahlrecht hatten. Wird das allgemeine Wahlrecht auch zu einer Situation führen, in der sich Frauen selbst in den Besitz der Finanzen der Männer wählen, während sie deren Autorität mindern und mächtige Staatsregulierungen für alles schaffen?

Ich kenne die Antwort auf diese Frage nicht. Was ich jedoch weiß, ist, dass die derzeitige Situation nicht aufrecht erhalten werden kann. Die Abwesenheit der Vaterschaft schuf eine Gesellschaft voller sozialer Pathologien, und der Mangel an männlichem Selbstvertrauen hat uns für unsere Feinde zu leichter Beute gemacht. Wenn der Westen überleben soll, so müssen wir wieder ein gesundes Maß an männlicher Autorität geltend machen. Um das zu erreichen, müssen wir den Sozialstaat zurückdrängen. Vielleicht müssen wir auch einige der Exzesse des westlichen Feminismus einschränken.

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